Der geheime Muskelbooster: Warum abendliche Proteine mehr bringen als der Shake nach dem Training
- Ricokernchen1
- 13. Sept. 2024
- 6 Min. Lesezeit
Aktualisiert: 19. Sept. 2024
Ich selbst betreibe viel Kraftsport, bis zu 6 Mal die Woche und auch ich habe lange an den Mythos geglaubt und ihn praktiziert. In der Welt des Fitness´ und Bodybuildings ist es fast ein Dogma: "Nach dem Training schnell einen Proteinshake trinken, um den Muskelaufbau zu maximieren." Wobei ich selbst nicht an Shakes geglaubt habe, sondern eine Eiweißmahlzeit zu mir genommen habe. Doch ist das wirklich der effektivste Weg, um Muskeln aufzubauen und die Regeneration zu fördern? Viel falsch habe ich persönlich wohl nicht gemacht, aber dennoch legen neue wissenschaftliche Erkenntnisse und Überlegungen nahe, dass es sinnvoller sein könnte, Proteine strategischer einzusetzen – und zwar als letzte Mahlzeit vor dem Schlafengehen. Hier erfahren Sie, warum der Proteinshake am Abend, bevor Sie ins Bett gehen, vielleicht die klügere Wahl ist. Und grundsätzlich ist damit nicht gemeint, kurz vor dem Schlafengehen einen Shake zu trinken! Gestalten Sie einfach Ihre proteinreichste Mahlzeit so, dass diese 2,5 - 3 Stunden vor der geplanten Nachtruhe den Tag abschließt. Ach ja, richtige Nahrung steht natürlich vor irgend welchen Drinks oder Shakes, diese sollen als Ergänzungen dienen.
Der Mythos des "anabolen Fensters"
Viele Fitnessenthusiasten glauben, dass sie nach dem Training ein "anaboles Fenster" haben – eine kurze Zeitspanne, in der die Nährstoffaufnahme maximiert wird und die Proteinsynthese auf Hochtouren läuft. Diese Annahme hat zu der weit verbreiteten Praxis geführt, sofort nach dem Training einen Proteinshake zu sich zu nehmen. Zwar ist es wahr, dass die Proteinsynthese nach dem Training erhöht ist, aber aktuelle Forschungen zeigen, dass dieses Fenster viel größer ist als bisher angenommen – bis zu 24 Stunden nach dem Training!
Eine Studie von Schoenfeld et al. (2013) zeigt damals bereits, dass das Timing der Proteinzufuhr nicht so entscheidend ist, wie zuvor angenommen wurde. Vielmehr scheint die gesamte Proteinzufuhr über den Tag hinweg eine größere Rolle für den Muskelaufbau und -erhalt zu spielen.
Warum eine vorabendliche Proteinaufnahme sinnvoller ist
Längere Proteinzufuhr während der Erholungsphase
Während des Schlafs durchläuft unser Körper eine Phase intensiver Regeneration und Reparatur, besonders in Bezug auf die Muskeln. Indem Sie einen Proteinshake oder eine proteinreiche Mahlzeit (was immer zu bevorzugen ist) vor dem Schlafengehen zu sich nehmen, stellen Sie sicher, dass Ihr Körper über Nacht eine konstante Versorgung mit Aminosäuren erhält. Eine Studie von Res et al. (2012) fand heraus, dass die Einnahme von Caseinprotein vor dem Schlafengehen die Proteinsynthese während der Nacht erhöht und somit die Muskelregeneration verbessert.
Verhinderung von Muskelabbau während des Schlafs
Der nächtliche Schlaf ist eine natürliche Fastenphase, die je nach Schlafdauer 6-8 Stunden oder länger dauern kann. In dieser Zeit hat der Körper keine exogene Energiequelle. Wenn Sie vor dem Schlafengehen keine Proteine zu sich nehmen, könnte Ihr Körper beginnen, Muskelgewebe abzubauen, um den Aminosäurebedarf zu decken. Ein Proteinmahlzeit vor dem Schlafengehen verhindert diesen Muskelabbau und sorgt dafür, dass die Muskeln über Nacht erhalten bleiben. Die Forschung von Trommelen et al. (2016) unterstützt die Idee, dass eine Proteinzufuhr vor dem Schlafengehen die Muskelproteinsynthese fördert und die nächtliche Muskelproteinsynthese verstärkt.
Casein – das ideale Nachtprotein
Wenn es um die Wahl des richtigen Proteins vor dem Schlafengehen geht, ist Casein oft die beste Wahl. Casein, ein langsam verdauliches Milchprotein, setzt Aminosäuren nach und nach über mehrere Stunden frei. Dies gewährleistet eine konstante Versorgung des Körpers mit den Bausteinen, die er für die Muskelregeneration benötigt, und unterstützt die nächtliche Erholung optimal. Van Loon (2012) betont, dass Casein durch seine langsame Verdauung besonders gut geeignet ist, um die Proteinsynthese während des Schlafs zu unterstützen.
Wichtig: Der Wechsel vom Energiestoffwechsel zum Baustoffwechsel
Tagsüber ist der Körper auf Aktivität und Wachsamkeit eingestellt, was bedeutet, dass der Energiestoffwechsel (Katabolismus) besonders aktiv ist. Der Körper nutzt die zugeführte Nahrung, insbesondere Kohlenhydrate und Fette, um Energie für körperliche und geistige Aktivitäten bereitzustellen. Während dieser Zeit ist die Proteinsynthese zwar ebenfalls aktiv, aber der Hauptfokus liegt auf der Energieproduktion.
Der Baustoffwechsel (Anabolismus), der für die Reparatur und den Aufbau von Geweben verantwortlich ist, wird hingegen während der Ruhephasen und insbesondere im Schlaf dominanter. In der Nacht, wenn die körperliche Aktivität minimal ist, verschiebt sich der Stoffwechsel zugunsten des Baustoffwechsels, wodurch die Proteinsynthese für die Reparatur und den Aufbau von Muskelgewebe, aber auch anderen Geweben, maximiert wird.
Wissenschaftliche Studien zeigen, dass diese beiden Stoffwechselprozesse in einem gewissen Maße gegensätzlich wirken und sich gegenseitig hemmen. Ein erhöhter Katabolismus (Energiestoffwechsel) kann den Anabolismus hemmen, da der Körper Energie für sofortige Bedürfnisse verbraucht, anstatt sie in den Aufbau und die Reparatur von Gewebe zu investieren. Umgekehrt wird der Katabolismus im Schlaf gehemmt, wodurch der Körper sich stärker auf anabole Prozesse konzentrieren kann. Laut einer Studie von Smith und Reilly (2013) unterstützt der Wechsel vom katabolen zum anabolen Zustand im Schlaf die Effizienz der Regenerationsprozesse und optimiert den Muskelaufbau. Somit wird auch deutlich, warum eine gute Schlafhygiene und ausreichend Schlaf entscheidend für Ihren Gesamtzustand sind. Aber dies ist ein umfangreiches Thema und verdient einen eigenen Blog für sich.
Die unterschätzte Rolle von BCAAs während des Trainings
Während der Proteinkonsum vor dem Schlafengehen und die allgemeine Verteilung der Proteinzufuhr über den Tag hinweg entscheidend sind, gibt es eine besondere Art von Protein-Supplementierung, die tatsächlich während des Trainings von Vorteil sein kann: die Zufuhr von verzweigtkettigen Aminosäuren (BCAAs).
BCAAs – bestehend aus Leucin, Isoleucin und Valin – spielen eine wichtige Rolle im Muskelstoffwechsel und können während des Trainings direkt, ohne Umweg über unsere Leber, zur Energieversorgung der Muskeln genutzt werden. Anders als ganze Proteine müssen BCAAs nicht erst verdaut werden, sondern können schnell ins Blut gelangen und direkt in den Muskelzellen wirken.
Eine Studie von Blomstrand et al. (2006) zeigte, dass die Einnahme von BCAAs während des Krafttrainings die Muskelproteinsynthese fördern und den Muskelabbau (Katabolismus) reduzieren kann, indem sie die Verfügbarkeit von Leucin erhöht, das als Schlüsselregulator der Muskelproteinsynthese fungiert . Darüber hinaus können BCAAs die Ermüdung verringern und die Trainingsleistung verbessern, indem sie den Tryptophan-Spiegel im Gehirn senken, der mit der Ermüdung in Verbindung gebracht wird.
Warum es nicht immer sinnvoll ist, direkt nach dem Training einen Proteinshake zu trinken
Überflüssige Kalorienaufnahme
Wenn Sie bereits ausreichend Protein über Ihre tägliche Ernährung aufgenommen haben, kann ein zusätzlicher Proteinshake direkt nach dem Training überflüssige Kalorien liefern, die sich im schlimmsten Fall als Fett anlagern. Ihr Körper benötigt nicht immer sofort nach dem Training eine riesige Menge an Protein – vielmehr kommt es auf die Gesamtausbeute an Aminosäuren über den gesamten Tag an. Morton et al. (2018) zeigen, dass es wichtiger ist, die tägliche Proteinzufuhr zu optimieren, als sich auf ein spezifisches Zeitfenster zu konzentrieren .
Ein nachhaltigerer Ansatz für die Proteinsynthese
Anstatt sich auf das vermeintlich kurze anabole Fenster nach dem Training zu konzentrieren, ist es sinnvoller, den Fokus auf eine gleichmäßige Verteilung der Proteinzufuhr über den Tag zu legen. So wird der Körper kontinuierlich mit den nötigen Aminosäuren versorgt, die für den Muskelaufbau und die Regeneration notwendig sind. Zudem wirkt das Sättigungsgefühl durch proteinreiche Mahlzeiten deutlich länger.
Fazit: Timing und Qualität der Proteinzufuhr zählen
Statt sich blindlings auf den Proteinshake direkt nach dem Training zu verlassen, sollten Fitnessbegeisterte ihre Proteinzufuhr sorgfältig planen und auf den gesamten Tag verteilen. Wenn möglich auch immer zusammen mit einer Mahlzeit ballaststoffreichen, schonend gegarten Gemüsesorten! Die Einnahme von Proteinen vor dem Schlafengehen – idealerweise in Form einer proteinreichen Mahlzeit oder eines Caseinshakes – kann besonders vorteilhaft sein, um die nächtliche Muskelproteinsynthese zu fördern und den Muskelabbau zu verhindern. Wenn ich "vor dem Schlafengehen" schreibe, meine ich, wie oben bereits erwähnt, ca. 2,5 - 3 Stunden vor der geplanten Nachtruhe.
Die einzig wirklich sinnvolle Supplementierung während des Trainings sind BCAAs, die helfen können, den Muskelabbau zu verringern und die Proteinsynthese zu unterstützen, während sie gleichzeitig die Trainingsleistung verbessern können.
Also, überdenken Sie Ihr Proteinspiel! Ein strategisch geplanter abendlicher Proteinshake könnte der Schlüssel zu besseren Ergebnissen im Muskelaufbau, Muskelerhalt und einer effizienteren Regeneration sein.
Ihr Körper wird es Ihnen danken – nicht nur während des Trainings, sondern vor allem während der wertvollen Stunden seiner Erholung in der Nacht.
Ihr Gesundheits-Pionier
Quellen:
Schoenfeld, B. J., Aragon, A. A., Wilborn, C. D., Krieger, J. W., & Sonmez, G. T. (2013). The effect of protein timing on muscle strength and hypertrophy: a meta-analysis. Journal of the International Society of Sports Nutrition, 10(1), 53.
Res, P. T., Groen, B., Pennings, B., Beelen, M., Senden, J. M., Kuipers, H., & van Loon, L. J. (2012). Protein ingestion before sleep improves postexercise overnight recovery. Medicine and Science in Sports and Exercise, 44(8), 1560-1569.
Trommelen, J., & van Loon, L. J. (2016). Pre-sleep protein ingestion to improve the skeletal muscle adaptive response to exercise training. Nutrients, 8(12), 763.
Van Loon, L. J. (2012). Is there a need for protein ingestion during exercise? Sports Medicine, 42(Suppl 1), S69-S77.
Smith, G. I., & Reilly, C. J. (2013). Mechanisms of muscle protein synthesis and breakdown during recovery from exercise. Journal of Physiology, 591(2), 415-424.
Blomstrand, E., Eliasson, J., Karlsson, H. K., & Köhnke, R. (2006). Branched-chain amino acids activate key enzymes in protein synthesis after physical exercise. The Journal of Nutrition, 136(1 Suppl), 269S-273S.
Morton, R. W., Murphy, K. T., McKellar, S. R., Schoenfeld, B. J., Henselmans, M., Helms, E., ... & Phillips, S. M. (2018). A systematic review, meta-analysis and meta-regression of the effect of protein supplementation on resistance training-induced gains in muscle mass and strength in healthy adults. British Journal of Sports Medicine, 52(6), 376-384.

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