Magnesium und seine verschiedenen Formen: Entkräftung der Mythen durch wissenschaftliche Fakten
- Ricokernchen1
- 7. Nov. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Vielleicht haben Sie schon einmal gehört: "Nehmen Sie dieses Magnesium bei Kopfschmerzen, ein anderes bei Muskelkrämpfen oder ein drittes bei Verdauungsproblemen." Doch Magnesium wirkt anders – viel einfacher und doch bedeutender. Magnesium ist essenziell für viele Funktionen im Körper, wie die Unterstützung der Muskelfunktion, Nervenübertragung, Energieproduktion und Proteinbiosynthese. Das sind wissenschaftliche Fakten. Auf dem Markt finden sich zahlreiche Magnesiumverbindungen wie Magnesiumcitrat, -oxid, -glycinat und -malat, und oft werden diesen Formen unterschiedliche, spezifische Wirkungen oder Zielorte im Körper zugeschrieben. Doch tatsächlich wird das im Körper zirkulierende Magnesium, unabhängig von der aufgenommenen Form, stets zu einem identischen, biologisch aktiven Magnesiumion: Mg²⁺. In diesem Blog beleuchte ich die wissenschaftlichen Grundlagen zur Aufnahme und Wirkung der verschiedenen Magnesiumverbindungen und räume mit gängigen Missverständnissen auf.
Der Prozess der Dissoziation: Magnesium im Körper – Immer die gleiche Form!
Wenn wir Magnesium einnehmen, ist es an einen Bindungspartner gekoppelt, wie beispielsweise Zitronensäure (Magnesiumcitrat) oder eine Aminosäure wie Glycin (Magnesiumglycinat). Dieser Bindungspartner dient als Transportmittel und beeinflusst die Löslichkeit und Verträglichkeit des Magnesiums im Verdauungstrakt, bevor es aufgenommen wird. Doch was passiert nach der Einnahme?
Der Dissoziationsprozess
Aufnahme im Dünndarm
Sobald Magnesium im Dünndarm ankommt, wird es durch Verdauungsprozesse von seinem Bindungspartner getrennt. Dieser Vorgang wird Dissoziation genannt. Durch die Wirkung von Verdauungsenzymen und die spezifischen pH-Bedingungen im Dünndarm wird das Magnesiumion vom Bindungspartner abgelöst und steht dann als freies, biologisch aktives Mg²⁺ zur Verfügung.
Absorption ins Blut
Das nun isolierte Mg²⁺ wird über spezielle Transportmechanismen durch die Dünndarmwand aufgenommen. Dabei gelangt das Magnesiumion über die Epithelzellen des Dünndarms in die Kapillaren und von dort über das Pfortadersystem zur Leber. Von hier aus wird es in den systemischen Blutkreislauf abgegeben. Der Bindungspartner verbleibt hingegen im Verdauungstrakt und wird entweder weiterverarbeitet oder ausgeschieden. Diese Trennung ist entscheidend, denn sie zeigt, dass nur das freie Mg²⁺ in den Blutkreislauf gelangt und für die unterschiedlichen physiologischen Funktionen zur Verfügung steht.
Magnesium im Blut – der universelle Wirkstoff
Sobald Magnesium als Mg²⁺ im Blut zirkuliert, ist es frei von jeglichem Einfluss des ursprünglichen Bindungspartners. Es wird durch den Körper transportiert und kann in verschiedenen Organen und Geweben eingesetzt werden – ob für die Muskelentspannung, die Unterstützung der Knochengesundheit oder die Funktion des Nervensystems. Die spezifische Form, in der das Magnesium eingenommen wurde, spielt nach der Absorption keine Rolle mehr.
Es ist daher ein Mythos, dass die chemische Form des eingenommenen Magnesiums automatisch den Zielort oder die spezifische Wirkung im Organismus bestimmt. Der Bindungspartner hat nur eine begrenzte Rolle und beeinflusst lediglich die Bioverfügbarkeit und Verträglichkeit im Verdauungssystem, nicht jedoch die Funktionen des Magnesiums im Körper.
Die verschiedenen Magnesiumverbindungen und ihre Bindungspartner
Die Unterschiede in der Bioverfügbarkeit und der Anwendung der verschiedenen Magnesiumformen liegen im Bindungspartner, der das Magnesium zunächst begleitet. Hier ist ein Überblick über die acht häufigsten Magnesiumverbindungen, deren Bindungspartner und die wissenschaftlichen (Kann-) Aspekte ihrer Wirkung.
1. Magnesiumcitrat
Bindungspartner: Zitronensäure (Citrat)
Wirkung: Wird häufig zur Behebung von Magnesiumdefiziten eingesetzt und wirkt abführend, weshalb es oft bei Verstopfung verwendet wird.
Wissenschaftlicher Aspekt: Zitronensäure erhöht die Löslichkeit von Magnesium und sorgt für eine bessere Aufnahme im Dünndarm, weshalb Magnesiumcitrat eine der am besten absorbierbaren Formen darstellt.
2. Magnesiumglycinat
Bindungspartner: Glycin (eine Aminosäure)
Wirkung: Wird häufig zur Muskelentspannung und Stressreduktion eingesetzt und ist besonders magenfreundlich.
Wissenschaftlicher Aspekt: Glycin kann die Durchlässigkeit der Darmschleimhaut erhöhen und wirkt beruhigend auf das Nervensystem, was die entspannende Wirkung von Magnesium zusätzlich unterstützt.
3. Magnesiumorotat
Bindungspartner: Orotsäure
Wirkung: Wird aufgrund seiner möglichen Herzschutz-Eigenschaften für die Herzgesundheit empfohlen.
Wissenschaftlicher Aspekt: Orotsäure ist an der Bildung von Nukleotiden beteiligt und kann die Energieproduktion in den Herzmuskelzellen fördern, was Magnesiumorotat bei Herz-Kreislauf-Problemen hilfreich macht.
4. Magnesiumtaurat
Bindungspartner: Taurin (eine Aminosäure)
Wirkung: Kann die Herzfunktion unterstützen und hilft, den Blutdruck zu regulieren.
Wissenschaftlicher Aspekt: Taurin hat eine regulierende Wirkung auf die zelluläre Hydratation und den Elektrolythaushalt und kann die blutdrucksenkenden Eigenschaften von Magnesium verstärken.
5. Magnesiummalat
Bindungspartner: Apfelsäure (Malat)
Wirkung: Wird bei Energiemangel und Muskelschmerzen, insbesondere bei Fibromyalgie, eingesetzt.
Wissenschaftlicher Aspekt: Apfelsäure ist Bestandteil des Citratzyklus und fördert die Energieproduktion in den Mitochondrien, wodurch Müdigkeit reduziert und Muskelregeneration unterstützt wird.
6. Magnesium-L-Threonat
Bindungspartner: L-Threonat (ein Metabolit von Vitamin C)
Wirkung: Fördert die kognitive Funktion und das Gedächtnis und kann die Blut-Hirn-Schranke überwinden.
Wissenschaftlicher Aspekt: L-Threonat erleichtert die Aufnahme von Magnesium ins Gehirn, was die kognitiven Fähigkeiten verbessern kann und diese Magnesiumverbindung einzigartig für neurologische Zwecke macht.
7. Magnesiumoxid
Bindungspartner: Sauerstoff (Oxid)
Wirkung: Hat einen hohen Anteil an elementarem Magnesium, wird jedoch schlecht absorbiert und oft für allgemeine Nahrungsergänzung eingesetzt.
Wissenschaftlicher Aspekt: Aufgrund der geringen Bioverfügbarkeit benötigt Magnesiumoxid höhere Dosierungen, ist jedoch kostengünstig und oft für langfristige Ergänzungen geeignet.
8. Magnesiumsulfat (Epsom-Salz)
Bindungspartner: Schwefelsäure (Sulfat)
Wirkung: Wird in Form von Bädern zur Muskelentspannung verwendet und soll durch die Haut aufgenommen werden.
Wissenschaftlicher Aspekt: Die Aufnahme von Magnesium durch die Haut ist umstritten und wissenschaftlich nicht eindeutig belegt. Der entspannende Effekt eines Epsom-Salzbades könnte vielmehr auf die Wärme des Wassers zurückzuführen sein.
Mythos entkräftet: Die Form bestimmt nicht den Bestimmungsort oder die Wirkung
Der Gedanke, dass jede Magnesiumverbindung automatisch einen bestimmten Wirkungsort im Körper hat, hält sich hartnäckig, doch er ist wissenschaftlich nicht haltbar. Nach der Einnahme werden alle Magnesiumformen im Verdauungstrakt zu ihrer biologisch aktiven Form, dem zweiwertigen Mg²⁺, aufgespalten und gleichartig ins Blut aufgenommen. Die Bindungspartner können lediglich die Absorptionsrate und Verträglichkeit beeinflussen, aber sie haben keinen Einfluss auf den Bestimmungsort oder die Wirkung des Magnesiums im Körper.
Fazit: Die universelle Wirkung des zweiwertigen Magnesiums
Die Form, in der Magnesium eingenommen wird, mag zwar die Bioverfügbarkeit und Verträglichkeit beeinflussen, doch nach der Aufnahme im Darm sind alle Magnesiumverbindungen gleich – sie werden als Mg²⁺ in den Blutkreislauf aufgenommen und wirken universell im Körper. Die Unterschiede, die den Magnesiumverbindungen zugeschrieben werden, beruhen auf dem Einfluss ihrer Bindungspartner im Verdauungstrakt und oft auf subjektiven Erfahrungen. Letztlich ist es ein Mythos, dass die chemische Form des eingenommenen Magnesiums den spezifischen Bestimmungsort im Organismus festlegt.
Quellen
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https://www.mein-magnesium.de/magnesiumarten
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