Histamin – Alles, was Sie über den unterschätzten Botenstoff wissen müssen
- Ricokernchen1
- 5. Nov. 2024
- 5 Min. Lesezeit
Histamin ist ein Begriff, der oft im Zusammenhang mit Allergien und Nahrungsmittelunverträglichkeiten fällt, doch seine Rolle im Körper ist viel umfassender. Für Menschen, die von Histaminintoleranz betroffen sind oder ihre Gesundheit bewusst fördern wollen, ist es entscheidend, ein tieferes Verständnis für diesen Botenstoff und seine Wirkung im Körper zu entwickeln. In diesem Beitrag beleuchte ich mit Ihnen die Grundlagen, Ursachen und die besten Strategien im Umgang mit Histamin für eine bessere Lebensqualität.
Was ist Histamin und welche Rolle spielt es im Körper?
Histamin ist ein biogener Amin, das der Körper aus der Aminosäure Histidin bildet. Es fungiert als Botenstoff im Immunsystem, im Zentralnervensystem und spielt eine wesentliche Rolle in der Magensäureproduktion. Der Körper nutzt Histamin, um bestimmte Prozesse zu steuern, wie z. B. die Erweiterung der Blutgefäße, um Abwehrzellen schneller an einen Entzündungsherd zu bringen. Das bedeutet, Histamin ist nicht per se schädlich – im Gegenteil, es ist für viele physiologische Prozesse unverzichtbar.
Woher kommt Histamin?
Histamin kann sowohl vom Körper selbst produziert (endogenes Histamin) als auch durch Lebensmittel aufgenommen werden (exogenes Histamin). Besonders in fermentierten, gereiften oder schlecht gelagerten Lebensmitteln ist der Histamingehalt häufig erhöht.
Der Abbau von Histamin im Körper
Der Abbau von Histamin ist ein komplexer Vorgang, der hauptsächlich durch die Enzyme Diaminoxidase (DAO) und Histamin-N-Methyltransferase (HNMT) erfolgt. Diaminoxidase ist für den Abbau von aufgenommenem Histamin aus der Nahrung verantwortlich, während HNMT das Histamin in den Geweben abbaut. Störungen in diesen Prozessen – sei es durch genetische Variationen oder Enzymmangel – können dazu führen, dass Histamin im Körper ansteigt und Symptome verursacht.
Was ist Histaminintoleranz?
Histaminintoleranz tritt auf, wenn der Körper das aufgenommene oder produzierte Histamin nicht ausreichend abbauen kann. Die Symptome können von Kopfschmerzen und Hautausschlägen über Magen-Darm-Probleme bis hin zu Herzrasen reichen. Diese Intoleranz ist jedoch keine klassische Allergie, sondern eine Unverträglichkeit. Oft ist die Diagnose schwer, da die Symptome unspezifisch sind und in Kombination mit anderen Erkrankungen auftreten können.
Histaminintoleranz und hormonelle Einflüsse
Es gibt Hinweise darauf, dass Frauen mit bestimmten hormonellen Erkrankungen oder unter hormoneller Medikation häufiger von Histaminintoleranz betroffen sein können. Bei Endometriose, einer Erkrankung, bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst, wurde festgestellt, dass Histamin die Entzündungsprozesse und Schmerzen verstärken kann. Mastzellen, die Histamin freisetzen, sind in Endometriose-Herden vermehrt vorhanden und tragen zur Symptomatik bei.
Auch bei der Hashimoto-Thyreoiditis, einer Autoimmunerkrankung der Schilddrüse, kann eine Histaminintoleranz auftreten. Histamin kann das Immunsystem beeinflussen und Entzündungsprozesse in der Schilddrüse verstärken, was die Symptome von Hashimoto verschlimmern kann.
Die Einnahme der Antibabypille, insbesondere solcher mit hohem Östrogenanteil, kann ebenfalls die Histaminempfindlichkeit erhöhen. Östrogen fördert die Freisetzung von Histamin und hemmt gleichzeitig dessen Abbau, was zu einer erhöhten Histaminbelastung führen kann.
Diese Zusammenhänge erlebe ich regelmäßig bei meinen Klientinnen und sie verdeutlichen, wie eng der Histaminhaushalt mit dem hormonellen Gleichgewicht verknüpft ist. Frauen mit den genannten Erkrankungen oder unter hormoneller Therapie sollten daher besonders auf Symptome einer Histaminintoleranz achten und gegebenenfalls mit ihrem Arzt oder Gesundheitsberater besprechen.
Lebensmittel mit hohem Histamingehalt
Viele Lebensmittel enthalten Histamin oder fördern dessen Freisetzung im Körper. Besonders gereifte oder fermentierte Nahrungsmittel, wie gereifter Käse, Wein, Sauerkraut und Schinken, sind reich an Histamin. Auch Alkohol, Essig und einige Zitrusfrüchte können die Freisetzung von Histamin anregen. Für Menschen mit Histaminintoleranz ist es oft hilfreich, solche Lebensmittel zu meiden oder den Konsum einzuschränken.
Histaminarme Ernährung und Lebensweise
Die Grundlage für eine histaminarme Ernährung ist die Wahl frischer, unverarbeiteter Lebensmittel. Da Histamin durch längere Lagerung und Fermentation ansteigt, ist Frische entscheidend. Auch die Lagerung spielt eine Rolle – gekochte Speisen sollten möglichst bald verzehrt oder sofort eingefroren werden, um die Histaminbildung zu minimieren. Ein individueller Ernährungsplan, mit dem ich vorzugsweise arbeite, kann dabei helfen, herauszufinden, welche Lebensmittel gut vertragen werden und welche nicht.
Symptommanagement und unterstützende Nährstoffe
Zur Unterstützung des Histaminabbaus können bestimmte Nährstoffe wie Vitamin C, Vitamin B6, Kupfer und Zink beitragen. Diese Nährstoffe fördern die Enzymaktivität und unterstützen den Körper im Abbau von überschüssigem Histamin. Es gibt auch DAO-Kapseln, die als Nahrungsergänzungsmittel vor histaminhaltigen Mahlzeiten eingenommen werden können. Die Wirkung und Notwendigkeit solcher Präparate sollte jedoch individuell betrachtet und idealerweise in Absprache mit einem Fachmann entschieden werden.
Kreuzreaktionen und weitere Histaminträger
Eine Histaminintoleranz kann in Kombination mit Allergien oder Unverträglichkeiten auf andere Lebensmittel oder Umweltfaktoren komplizierter werden. Bekannte Kreuzreaktionen betreffen Pollenallergien und Lebensmittel wie bestimmte Früchte oder Nüsse. Ein ganzheitlicher Ansatz ist oft hilfreich, um individuelle Auslöser besser zu verstehen und den Umgang damit zu erleichtern.
Histamin und das Mikrobiom
Das Darmmikrobiom beeinflusst maßgeblich den Histaminhaushalt. Einige Bakterienarten können Histamin produzieren, während andere es abbauen. Ein ausgewogenes Mikrobiom kann daher entscheidend sein. Probiotika mit speziellen Bakterienstämmen, die kein Histamin bilden oder es sogar abbauen, könnten hilfreich sein. Hier ist ebenfalls die Absprache mit einem Fachmann ratsam.
Einfluss von Hormonen und Stress auf Histamin
Hormonelle Schwankungen, wie sie z. B. während der Menstruation, Schwangerschaft oder in den Wechseljahren auftreten, können die Histaminempfindlichkeit beeinflussen. Auch Stress spielt eine Rolle: Er kann die Histaminfreisetzung steigern und somit die Symptome verschlimmern. Ein achtsamer Umgang mit Stress und hormonellen Veränderungen kann daher für Betroffene wichtig sein.
Diagnose von Histaminintoleranz
Die Diagnose einer Histaminintoleranz ist oft komplex, da spezifische Tests fehlen. Ein Ansatz kann die Messung der DAO-Konzentration im Blut sein. Häufig wird jedoch eine Eliminationsdiät durchgeführt, um herauszufinden, ob sich die Symptome durch eine histaminarme Ernährung verbessern. Dies sollte idealerweise unter fachlicher Anleitung geschehen, um den Körper nicht unnötig einzuschränken. Auch hier lasse ich als Berater ein Ernährungstagebuch und Tagesverlaufsplan führen, um die entsprechenden Faktoren und Parameter zu identifizieren bzw. um sie auszuschließen.
Praktische Tipps für den Alltag
Einkaufen: Frische, unverarbeitete Lebensmittel bevorzugen. Gekochtes Essen bald verzehren oder einfrieren.
Essengehen: Vorab im Restaurant nachfragen, ob bestimmte Zutaten weggelassen werden können.
Selbstbeobachtung: Tagebuch führen, um individuell verträgliche Mengen und Lebensmittel zu identifizieren.
Fazit
Histaminintoleranz ist eine vielschichtige und häufig schwer zu diagnostizierende Herausforderung, die sich auf viele Lebensbereiche auswirken kann. Eine histaminarme Ernährung und ein bewusster Lebensstil können helfen, die Symptome zu lindern und das allgemeine Wohlbefinden zu fördern. Für Betroffene ist es entscheidend, einen persönlichen Ansatz zu finden und gegebenenfalls die Unterstützung von Expertinnen und Experten in Anspruch zu nehmen.
Dieser Blogbeitrag bietet eine erste Orientierung und vermittelt grundlegendes Wissen zum Thema Histamin. Sollten Sie selbst betroffen sein oder Ihr Bewusstsein für Histamin im Alltag schärfen wollen, können gezielte Ernährungsanpassungen, spezifische Supplemente und ausgewählte Tests hilfreich sein. In meiner Arbeit begleite ich vor allem Klientinnen auf ihrem individuellen Weg zu einer besseren Wahrnehmung und Sensibilisierung für Histamin.
Gemeinsam arbeiten wir daran, Ihre Lebensqualität langfristig und nachhaltig zu steigern.
Ihr Gesundheits-Pionier
Quellen
Leben mit Ohne – Hormonelle Einflüsse auf Histaminintoleranz
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Kovacova-Hanuskova, E., Buday, T., Gavliakova, S., & Plevkova, J. (2015). Histamine, histamine intoxication and intolerance. Allergologia et Immunopathologia, 43(5), 498-506.
Jarisch, R. (2015). Histamin-Intoleranz: Histamin und Seekrankheit, mit sämtlichen relevanten Symptomen, Diagnostik und Therapie. Springer Verlag.
Schwelberger, H. G. (2004). Histamine intolerance: a metabolic disease? Inflammation Research, 53(2), S51-S52.
DAO-Defizit und Histaminintoleranz, Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). Verfügbar unter: dge.de
Reese, I., & Ballmer-Weber, B. K. (2009). Histamin-Intoleranz: Diagnostik und Therapie. Allergo Journal, 18(1), 26-32.

