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Endometriose 2.0

Endometriose verstanden, begleitet und ganzheitlich unterstützt!


Endometriose ist ein Begriff, der bei vielen Frauen sofort tiefen Schmerz und Frustration auslöst. Auch wenn diese Erkrankung sehr häufig ist, wird sie noch immer zu selten offen besprochen. Die Symptome sind belastend, die Diagnose dauert oft Jahre und viele Betroffene fühlen sich allein gelassen. Genau hier setze ich als Nährstoffberater und Hormon-Coach an: Mein Fokus liegt auf stabilisierenden, alltagstauglichen Strategien, die sich an Ihrer Lebensrealität orientieren und neben der Medizin das Ganze im Blick behalten, Körper, Psyche und Kontext. Dabei nehme ich das Thema sehr ernst und begegne Ihnen mit Empathie; als Mann kann ich die Erfahrung nicht körperlich teilen, aber ich kann zuhören, übersetzen, strukturieren und konkrete Wege mit Ihnen gehen.


Was ist Endometriose?

Endometriose ist eine chronisch-entzündliche Erkrankung, bei der gebärmutterschleimhautähnliches Gewebe außerhalb der Gebärmutter wächst. Dieses Gewebe reagiert wie die normale Schleimhaut auf Zyklushormone, kann aber nicht abbluten. Das führt zu Entzündungen, Verklebungen und teils sehr starken Schmerzen. Moderne Forschung zeigt, dass Endometrioseherde häufig eine lokal erhöhte Östrogenproduktion besitzen und weniger auf Progesteron ansprechen. „Aromatase“ ist das Enzym, das aus Vorstufen lokal Östrogen bildet und „Progesteron-Resistenz“ beschreibt die verringerte Antwort von Gewebe auf Progesteron, beides kann die Aktivität der Herde fördern. Diese biologischen Mechanismen erklären, warum reine Schmerztherapie oft nicht reicht und weshalb hormonelle sowie lebensstilbezogene Ansätze sinnvoll kombiniert werden müssen.


Wie beeinflusst Endometriose Ihr Leben?

Endometriose ist mehr als „nur“ Regelschmerz. Viele Frauen berichten über chronische Beckenschmerzen, Müdigkeit, Schlafprobleme, Schmerzen beim Geschlechtsverkehr oder beim Stuhlgang sowie zyklusassoziierte Magen-Darm-Beschwerden. Es gibt Überschneidungen mit typischen Reizdarm-Symptomen und häufiger treten Kopfschmerzen oder Migräne auf. Auch die psychische Gesundheit leidet überproportional, Depressionen und Angstzustände sind statistisch häufiger, was nicht „eingebildet“, sondern Teil der Gesamtbelastung ist. Ein Schlüsselbegriff ist hier die „zentrale Sensitivierung“:

Das Nervensystem wird durch anhaltende Reize empfindlicher und verstärkt Schmerzsignale, auch außerhalb des eigentlichen Herdes. Das ändert nichts an den organischen Ursachen, erklärt aber, warum multimodale Strategien aus Medizin, Bewegung, Schlaf- und Stressregulation sowie gezielter Nährstoffarbeit besser wirken als Einzelmaßnahmen.


Was können Sie tun?

Erstens: Die Diagnose kann heute in vielen Fällen ohne Bauchspiegelung gestellt werden. Ein spezialisierter transvaginaler Ultraschall, also eine innere Ultraschalluntersuchung über die Scheide, erkennt Ovarial-Endometriome (zystische Befunde am Eierstock) und viele Formen der „tief infiltrierenden Endometriose“ (DIE). Wenn Ultraschall nicht möglich oder nicht eindeutig ist, hilft die Magnetresonanztomographie, ein strahlungsfreies Schnittbildverfahren, beim präoperativen Mapping. Laparoskopie bleibt wichtig, wenn Befunde unklar sind oder eine Therapie geplant ist, dies ist aber nicht mehr der alleinige Diagnosestandard. Zur Beschreibung der Ausdehnung werden die r-ASRM-Klassifikation und zunehmend die Enzian-Klassifikation genutzt, die die Tiefe und Lokalisation der Herde präziser abbildet und damit die Planung verbessert.

Zweitens: Medizinische Therapie zielt heute stärker und früher auf Schmerzlinderung und Krankheitskontrolle. Dazu gehören bewährte Gestagene wie Dienogest, kombinierte hormonelle Kontrazeptiva oder das Levonorgestrel-IUS. Neu hinzugekommen sind die oralen GnRH-Antagonisten (Gonadotropin-Releasing-Hormon) wie Elagolix, Relugolix-Kombination und Linzagolix. Sie dämpfen die ovarielle Östrogenproduktion, wirken schnell, und eine begleitende „add-back-Therapie“ mit niedrig dosiertem Östrogen/Gestagen schützt Knochen und Nebenwirkungen. Die Studienlage zeigt für diese Substanzen signifikante Reduktionen von Zyklus- und Nicht-Zyklus-Schmerzen sowie eine bessere Funktion im Alltag. Welche Option passt, entscheiden wir individuell, abhängig von Beschwerden, Kinderwunsch, Knochengesundheit und Begleiterkrankungen.

Drittens: Operationen haben ihren Platz, vor allem bei therapieresistenten Schmerzen, Darm- oder Harnleiterbeteiligung oder großen Endometriomen. Gleichzeitig ist Aufklärung über die Eierstockreserve zentral. Der Anti-Müller-Hormon-Wert (AMH) spiegelt die Eizellreserve besser als die reine Follikelzählung, und nach Zystenentfernung am Eierstock kann AMH vorübergehend oder länger sinken. Das berücksichtigen wir in der Planung, sprechen Fertilitätsoptionen an und vermeiden unnötige oder wiederholte Eingriffe.

Viertens: Laborwerte helfen das Bild zu vervollständigen, ersetzen aber keine Bildgebung. Bei starker Blutung prüfen wir Blutbild, Ferritin und Transferrinsättigung. Sensitive Entzündungsmarker wie hs oder wrCRP sind unspezifisch und nur kontextabhängig sinnvoll. CA-125 kann bei ausgeprägter Erkrankung erhöht sein, eignet sich aber nicht als alleiniger Diagnose- oder Screeningtest. Er kann in Einzelfällen zur Verlaufsorientierung herangezogen werden, wenn er initial deutlich erhöht war. Bei Kinderwunsch und möglicher OP plane ich AMH zur Beratung ein.


Ernährung als Unterstützung

Die Ernährung ist in diesem Fall kein Ersatz für eine medizinische Therapie, aber ein wirksamer Verstärker. Ein entzündungsärmeres Muster mit reichlich Gemüse, Beeren, Nüssen, Hülsenfrüchten, Olivenöl, Gewürzen und hochwertigen Eiweißquellen kann Beschwerden spürbar entschärfen. Prospektive Daten deuten darauf hin, dass sehr hoher Konsum von rotem Fleisch, bei mehr als 3 Mal über 250g pro Woche, mit einem höheren Endometriose-Risiko einhergeht, während eine höhere Zufuhr langkettiger Omega-3-Fettsäuren tendenziell protektiv wirkt. Im Alltag bedeutet das, Qualität und Häufigkeit bei Fleisch bewusst reduzieren, Fisch aus Kaltwasser und pflanzliche Omega-3-Quellen regelmäßiger integrieren und zugesetzten Zucker sowie stark Ultraverarbeitetes klar begrenzen. Nahrungsergänzung kann punktuell sinnvoll sein, zu Omega-3, Vitamin D oder antioxidativen Mikronährstoffen gibt es gemischte, aber teils positive Daten. Ich prüfe das immer individuell, laborgestützt und in sicherer Dosierung.


Hormonbalance durch gezielte Nährstoffzufuhr

Endometriose ist eng mit hormonellen Mustern verbunden, insbesondere mit einem relativen Östrogenüberhang im Gewebe und einer verringerten Antwort auf Progesteron. Aus Nährstoffsicht unterstütze ich die endogene Hormonregulation über stabile Blutzuckerführung, ausreichendes Eiweiß, Omega-3-Fettsäuren, B-Vitamine, Magnesium und Spurenelemente wie Selen, Molybdän, Zink. Ergänzend kommen in Einzelfällen evidenzbasierte Substanzen wie N-Acetylcystein infrage, das in Studien Schmerz und Endometriomgröße reduzieren konnte. Der Effekt ist nicht bei allen gleich und ersetzt keine Standardtherapie, kann sie aber sinnvoll ergänzen. Wichtig ist eine saubere Indikation, eine passende Dosis und ggf. die Überprüfung von Wechselwirkungen mit Ihrer Medikation.

Ein kurzer Blick auf zwei oft genannte Gene: MTHFR steht für Methylen-Tetrahydrofolat-Reduktase und ist ein Enzym im Folat-Stoffwechsel, das die Bereitstellung der aktiven Folatform 5-MTHF und damit die Homocystein-Methylierung beeinflusst. COMT ist die Catechol-O-Methyltransferase, ein Enzym, das Catecholamine wie Dopamin, Adrenalin, aber auch sogenannte Catechol-Östrogene abbaut. Für MTHFR C677T gibt es neuere Hinweise aus einzelnen Untersuchungen und Meta-Analysen auf mögliche Assoziationen mit Endometriose. Die Evidenz ist heterogen und kein Beweis einer Kausalität. Für COMT sind die Daten uneinheitlich. Interessant ist der Zusammenhang mit Schmerzverarbeitung, was die interindividuelle Unterschiedlichkeit von Schmerzerleben mit erklären kann. Praktisch heißt das: Ich setze solche genetischen Informationen, wenn vorhanden, vorsichtig kontextbezogen ein, priorisiere aber klinische Befunde und Laborwerte. Bei MTHFR-Fragestellung sind Homocystein, Vitamin B12 (Holotranscobalamin), B9 (Folat, idealerweise Erythrozyten-Folat) und Vitamin B6 (Pyridoxal-5-Phosphat) sinnvoll. Für COMT gibt es keinen routinetauglichen Labormarker. Eine „Östrogenmetabolite-Feindiagnostik“ im Urin bleibt forschungsnah und wird in Leitlinien nicht empfohlen. Zu MTHFR & COMT habe ich einen separaten Blog vorbereitet, in dem ich Nutzen, Grenzen und die richtige Einordnung ausführlich erkläre. Eines vorweg, es ist nicht so einschränkend wie es sich anhört.


Ganzheitliche Ansätze

Neben Medizin und Ernährung wirken Bewegung, Physiotherapie des Beckenbodens, myofasziale Arbeit, Atem- und Entspannungsverfahren sowie Schlafhygiene zusammen. Ziel ist, die entzündliche Last zu senken, die Durchblutung zu verbessern und das schmerzverarbeitende Nervensystem zu beruhigen. Bei nachgewiesener zentraler Sensitivierung plane ich Trainings- und Regenerationsreize behutsam, um Flare-ups (Wiederaufflammen) zu vermeiden und kombiniere körperliche, ernährungsbezogene und psychologische Strategien in einem Plan, der Ihnen realistisch gelingt. Das ist keine „Psycho-Schublade“, sondern neurobiologische Schmerzmedizin plus Lebensstilkompetenz, handfest und lernbar.


"Du" bist nicht allein

Endometriose kann das Gefühl erzeugen, allein mit dem Schmerz zu sein. Sie sind es nicht. Es gibt wachsende Netzwerke, besser informierte Ärzteteams und klare Anlaufpunkte. Meine Aufgabe ist es, Sie zu begleiten, Ihnen Orientierung zu geben, Befunde zu übersetzen, Prioritäten zu definieren und Ihre nächsten Schritte so zu planen, dass Sie wieder mehr Kontrolle spüren, ob es um Schmerzen, Zyklus, Kinderwunsch oder Leistungsfähigkeit im Alltag geht.


Aussicht

Es gibt nicht die eine schnelle Lösung. Aber es gibt viele Hebel, die zusammen greifen. Moderne Bildgebung macht die Diagnose greifbarer, neue Medikamente erweitern die Optionen, Operationen werden gezielter eingesetzt, und Ihr Lebensstil kann die Therapie spürbar verstärken. Mit einem strukturierten Plan, validen Messpunkten und ehrlicher Kommunikation lässt sich Endometriose nicht „wegzaubern“, aber deutlich besser beherrschen. Wenn Sie möchten, sprechen wir als Nächstes über Ihr individuelles Profil. Beschwerden, Alltag, Labor, Ziele und priorisieren gemeinsam die wirkungsvollsten Schritte.


Quellen
  1. ESHRE Guideline 2022; Diagnose & Therapie, Biomarker-Hinweis (CA-125 nicht zur Diagnose empfohlen): https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC8951218/

  2. TVUS/MRT und Enzian-Klassifikation für präoperatives Mapping: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9156703/

  3. Progesteron-Resistenz und lokale Östrogenbiosynthese in Endometrioseherden: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11157498/

    https://mednexus.org/doi/10.4103/2096-2924.210698

  4. Zentrale Sensitivierung bei Endometriose-Schmerz: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC11373668/

  5. GnRH-Antagonisten; Relugolix-Kombination (2-Jahres-Daten) und Elagolix (Langzeit): https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10905503/

    https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/29889764/

  6. Operation und Eierstockreserve; AMH vor/nach Endometriom-OP: https://www.frontiersin.org/articles/10.3389/fendo.2024.1397279/full

    https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC7865255/

  7. CA-125; begrenzte diagnostische Aussagekraft, Einsatz selektiv: https://obgyn.onlinelibrary.wiley.com/doi/10.1002/ijgo.70554

    https://www.aafp.org/pubs/afp/issues/2022/1000/endometriosis.html

  8. Reizdarm-Überschneidung und psychische Gesundheit: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC9357916/

    https://jamanetwork.com/journals/jamanetworkopen/fullarticle/2800556

  9. Migräne-Assoziation: https://thejournalofheadacheandpain.biomedcentral.com/articles/10.1186/s10194-025-02020-4

  10. Ernährung; rotes Fleisch und Omega-3 (prospektive Daten): https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC6066416/

    https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC2873173/

  11. Vitamin-D-Status und Endometriose (Übersicht/Meta-Analyse): https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10821152/

  12. N-Acetylcystein als ergänzende Option: https://pmc.ncbi.nlm.nih.gov/articles/PMC10048621/

  13. Ovarialkarzinom-Risiko nach Subtyp (Einordnung, absolutes Risiko bleibt niedrig): https://jamanetwork.com/journals/jama/fullarticle/2821194

  14. MTHFR/COMT; wissenschaftliche Hinweise und Einordnung: https://journals.lww.com/aoam/fulltext/2025/07000/to_study_the_correlation_of.10.aspx

    https://www.sciencedirect.com/science/article/abs/pii/S0165037825000270

    https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC6344181/

Hinweis: Dieser Beitrag ersetzt natürlich keine ärztliche Diagnostik oder Therapie. Ich arbeite eng mit behandelnden gynäkologischen Fachärztinnen und Fachärzten meiner Klientinnen zusammen und integriere meine Empfehlungen in Ihren bestehenden Behandlungsplan. Wenn Sie sich zu MTHFR & COMT im Detail informieren möchten, lesen Sie gern meinen separaten Blog dazu, dort gehe ich Schritt für Schritt durch Nutzen, Grenzen und sinnvolle Laborkombinationen.


ree

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