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Gluten – Herausforderung für den Stoffwechsel

Haben Sie nach dem Verzehr von Brot, Nudeln oder anderen glutenhaltigen Lebensmitteln schon einmal Bauchschmerzen, Blähungen oder unerklärliche Müdigkeit verspürt? Vielleicht leiden Sie unter Hautproblemen, Konzentrationsstörungen oder sogar chronischen Entzündungen, und niemand konnte Ihnen bisher erklären, warum. Sie sind nicht allein. Immer mehr Menschen bemerken eine Unverträglichkeit gegenüber Gluten – einem Protein, das in Weizen, Roggen, Gerste und Dinkel vorkommt.

Gluten ist in unserer Ernährung allgegenwärtig. Es verleiht Brot seine Struktur, sorgt dafür, dass Nudeln "al dente" bleiben, und findet sich sogar in vielen verarbeiteten Lebensmitteln. Doch was für die Lebensmittelproduktion ein Segen ist, kann für den menschlichen Stoffwechsel eine Herausforderung sein. Vor allem, wenn der Körper Gluten nicht richtig verarbeiten kann, entstehen Beschwerden, die die Lebensqualität erheblich beeinträchtigen können.

Die Symptome reichen von leichteren Beschwerden wie Blähungen oder Kopfschmerzen bis hin zu ernsthaften Erkrankungen wie Zöliakie oder Autoimmunerkrankungen. Für viele Betroffene bleibt der Zusammenhang zwischen ihrer Ernährung und ihren Symptomen jedoch lange unklar – oft, weil die Auswirkungen von Gluten und anderen Inhaltsstoffen in modernen Getreidesorten unterschätzt werden. Viele meiner Klienten mit diesen Beschwerden sind Frauen Anfang/Mitte 20 und kämpfen mit diesen, für sie unerklärlichen oder falsch interpretierten Belastungen.

In diesem Beitrag erfahren Sie, warum Gluten für viele Menschen problematisch ist, wie es im Körper wirkt und welche Zusammenhänge es zu Antinährstoffen und Autoimmunerkrankungen gibt. Darüber hinaus zeigen ich Ihnen, wie Sie Ihre Ernährung anpassen können, um Beschwerden zu lindern und Ihre Gesundheit nachhaltig zu fördern.


Gluten im Fokus: Zusammensetzung, Wirkung und Herausforderungen

Gluten besteht aus zwei Hauptproteinen, Glutenin und Prolamin, wobei das Prolamin im Weizen als Gliadin bekannt ist. Diese Proteine verleihen Teigen ihre Elastizität und Struktur. Allerdings sind sie auch Hauptauslöser für Glutenunverträglichkeiten und Zöliakie.


Besondere Aspekte moderner Weizensorten


  1. Gliadorphine und neurologische Effekte:

    Während der Verdauung wird Gluten in kleinere Peptide wie Gliadorphine zerlegt, die die Blut-Hirn-Schranke überwinden und neurologische Symptome wie Konzentrationsprobleme, Depressionen oder sogar ADHS fördern können. (Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Syndrom -ADHS- hier nicht als Krankheit, sondern als Ergebnis falscher Ernährung!)


  2. Veränderungen durch Züchtung:

    Seit den 1950er Jahren wurden Weizensorten gezüchtet, die höhere Gluten- und Lektinkonzentrationen enthalten, um die Backeigenschaften zu verbessern. Dies erhöht die Belastung für den menschlichen Stoffwechsel erheblich.


  3. Weizenkeim-Agglutinin (WKA):

    Dieses Lektin kann Entzündungen im Darm und anderen Geweben fördern und wird mit Autoimmunerkrankungen wie Multipler Sklerose und rheumatoider Arthritis in Verbindung gebracht.


  4. Weizenstärke und Blutzucker:

    Die Stärke des modernen Weizens, Amylopektin A, treibt den Blutzuckerspiegel schneller in die Höhe als Zucker und fördert Insulinresistenz und Gewichtszunahme.


Antinährstoffe: Die stillen Störenfriede im Stoffwechsel


Antinährstoffe sind natürliche Schutzstoffe, die Pflanzen im Laufe der Evolution entwickelt haben, um sich vor Fressfeinden zu schützen. Sie verhindern beispielsweise, dass Samen zu früh keimen, oder schützen Pflanzen vor Mikroorganismen und Tieren. Aus Sicht der Pflanze sind diese Stoffe unverzichtbar. Für den menschlichen Körper jedoch können sie eine Herausforderung darstellen, insbesondere wenn sie in größeren Mengen aufgenommen werden.

Antinährstoffe kommen in vielen allgegenwärtigen Lebensmitteln vor, darunter Hülsenfrüchte, Getreide, Nüsse, Samen und bestimmte Gemüsesorten. Während diese Lebensmittel zweifellos viele gesundheitliche Vorteile bieten, können die darin enthaltenen Antinährstoffe die Aufnahme essenzieller Nährstoffe behindern, Verdauungsprobleme fördern und entzündliche Prozesse im Körper auslösen.


Typische Lebensmittel und ihre Antinährstoffe


  1. Bohnen und Linsen

    Phytinsäure: Bindet Mineralstoffe wie Zink, Magnesium und Eisen, wodurch diese für den Körper unzugänglich werden.

    Lektine: Können die Darmschleimhaut reizen und Entzündungen fördern.

    Enzymhemmer: Hemmen die Aktivität von Verdauungsenzymen wie Amylase und Trypsin, was die Verdauung von Kohlenhydraten und Proteinen erschwert.


  2. Haferflocken

    Phytinsäure: Hemmt die Aufnahme von Zink und Calcium. Hafer enthält zwar weniger Lektine als Weizen, kann aber bei empfindlichen Personen dennoch Verdauungsprobleme fördern.

    Avenin: Ein Prolamin, das in glutenfreiem Hafer enthalten ist. Es wird in der Regel besser vertragen, aber empfindliche Menschen können darauf reagieren.


  3. Sojabohnen

    Trypsin-Inhibitoren: Hemmen die Verdauung von Proteinen und belasten die Bauchspeicheldrüse.

    Phytinsäure: Wie bei Hülsenfrüchten blockiert sie wichtige Mineralstoffe.

    Saponine: Können das Immunsystem überaktivieren und Entzündungen fördern.


  4. Spinat und Mangold

    Oxalate: Binden Calcium und können die Bildung von Nierensteinen fördern. Sie hemmen auch die Bioverfügbarkeit von Eisen.


  5. Nüsse und Samen

    Phytinsäure: Besonders hoch in Mandeln, Walnüssen und Sonnenblumenkernen. Sie hemmt die Aufnahme von Eisen und Zink.

    Oxalate: In Mandeln enthalten, können die Calciumaufnahme blockieren.


Wie kann man Antinährstoffe reduzieren?

Es gibt zahlreiche Möglichkeiten, den Gehalt an Antinährstoffen in Lebensmitteln zu reduzieren, um sie bekömmlicher zu machen:


  1. Einweichen:

    Besonders effektiv bei Hülsenfrüchten, Nüssen und Samen.

    Beispiel: Linsen und Bohnen über Nacht in Wasser einweichen und das Wasser vor dem Kochen abgießen. Dadurch wird der Gehalt an Phytinsäure und Enzymhemmern deutlich reduziert.


  2. Fermentation:

    Fermentierte Lebensmittel wie Sauerteigbrot, Joghurt und Tempeh enthalten weniger Antinährstoffe und sind leichter verdaulich.

    Beispiel: Sauerteigbrot reduziert Lektine und macht Gluten besser verträglich.


  3. Kochen und Blanchieren:

    Beispiel: Das Blanchieren von Spinat reduziert Oxalate, die Calcium binden. Ähnlich wird durch das Kochen von Kartoffeln der Solaningehalt gesenkt.


  4. Keimen und Sprossen:

    Das Keimen von Nüssen, Samen und Getreide aktiviert Enzyme, die Antinährstoffe abbauen.

    Beispiel: Gekeimter Hafer ist leichter verdaulich und enthält weniger Phytinsäure.


  5. Richtige Lebensmittelkombinationen:

    Vitamin C-reiche Lebensmittel fördern die Eisenaufnahme aus Lebensmitteln, die Phytinsäure enthalten.

    Beispiel: Eine Kombination aus Haferflocken und frischen Beeren verbessert die Eisenaufnahme.


Warum ist das wichtig?

Die regelmäßige Aufnahme antinährstoffreicher Lebensmittel ohne entsprechende Vorbereitung kann langfristig zu Nährstoffmängeln führen. Insbesondere Zink-, Magnesium- und Eisenmangel treten häufig auf, was sich in Symptomen wie Müdigkeit, schlechter Wundheilung und Immunschwäche äußern kann. Durch die richtige Zubereitung und Kombination können diese negativen Effekte jedoch deutlich reduziert werden.


Gluten und Autoimmunerkrankungen

Gluten und Antinährstoffe spielen eine zentrale Rolle bei der Entstehung und Verschlimmerung von Autoimmunerkrankungen. Dies geschieht durch mehrere Mechanismen:


  1. Leaky Gut Syndrom:

    Gluten und Lektine schädigen die Darmschleimhaut, wodurch Fremdstoffe in den Blutkreislauf gelangen und das Immunsystem aktivieren.


  2. Molekulares Mimikry (!!!):

    Das Immunsystem verwechselt körpereigene Proteine mit Fremdstoffen, was zu Erkrankungen wie Hashimoto-Thyreoiditis, Zöliakie oder rheumatoider Arthritis führt.


  3. Systemische Entzündungen:

    Gluten und Antinährstoffe fördern entzündliche Prozesse im gesamten Körper, die Autoimmunreaktionen verstärken.


Praktische Maßnahmen zur Linderung


1. Glutenfreie Ernährung: Alternativen und Tipps


  • Glutenfreie Getreidearten:

    Quinoa, Hirse, Amaranth und Buchweizen sind von Natur aus glutenfrei und reich an Ballaststoffen.

  • Traditionelle Getreidesorten:

    Einkorn und Emmer enthalten weniger Gluten und sind oft besser verträglich.

  • Richtige Zubereitung:

    Hülsenfrüchte wie Linsen sollten vor dem Kochen eingeweicht werden, um den Gehalt an Phytinsäure zu reduzieren.


2. Nährstoffergänzung

  • Zink und Magnesium:

    Unterstützen das Immunsystem und den Stoffwechsel.

    Empfohlene Dosierung: Zink 25 mg/Tag, Magnesium 300–500 mg/Tag.

  • Vitamin D:

    Fördert die Immunregulation und reduziert Entzündungen.

    Zielwert im Serum: 50–70 ng/ml.

  • Omega-3-Fettsäuren:

    Lindern systemische Entzündungen.

    Empfohlene Dosierung: 2–3 g EPA/DHA pro Tag.


3. Unterstützung der Darmgesundheit

  • Probiotika:

    Fördern eine gesunde Darmflora und stärken die Barrierefunktion des Darms.

    Empfohlene Präparate enthalten Lactobacillus- und Bifidobacterium-Stämme.

  • Glutamin:

    Regeneriert die Darmschleimhaut und lindert Leaky Gut.

    Empfohlene Dosierung: 5 g/Tag.


4. Regelmäßige Laborkontrollen

  • Überprüfen Sie wichtige Werte wie:

    Zink und Magnesium: Zeigen Defizite durch Phytinsäure.

    CRP: Marker für Entzündungen.

    Glutathion: Bewertet die antioxidative Kapazität.


Fazit

Gluten und Antinährstoffe sind keine Probleme für jeden, können aber für viele Menschen erhebliche gesundheitliche Auswirkungen haben – insbesondere für jene mit Autoimmunerkrankungen, einem schwachen oder belasteten Immunsystem, Personen in homoneller Dysbalance oder mit chronischen Beschwerden. Mit einer bewussten Ernährungsweise, gezielten Ergänzungen und der richtigen Vorbereitung von Lebensmitteln lassen sich viele dieser negativen Effekte reduzieren. Eine bewusste Auseinandersetzung mit der eigenen Ernährung soll der Schlüssel zu besserer Gesundheit und Wohlbefinden sein.


Quellen

  1. Schäfer, J., & Zimmermann, M. (2020). "Einfluss von Gluten auf Autoimmunprozesse." Deutsche Zeitschrift für Ernährungsmedizin.

  2. Lutz, W. (1967). "Leben ohne Brot: Die wissenschaftlichen Hintergründe." Heidelberg.

  3. Ursenius, L. (2024). "Blutwerte ganzheitlich interpretieren." Schirner Verlag, Darmstadt, 224 ff.

  4. Fasano, A. (2012). "Leaky Gut and Autoimmune Diseases." Clinical Reviews in Allergy & Immunology, 42(1), 71-78.

  5. Cordain, L. et al. (2005). "Origins and evolution of the Western diet." The American Journal of Clinical Nutrition, 81(2), 341-354.


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