Sensibilisieren im Rahmen des Internationalen ME/CFS-TAG
- Ricokernchen1
- 15. Mai
- 6 Min. Lesezeit
Dieser Blog entsteht aus aktuellem Anlass!
Der Internationale ME/CFS-Tag (International ME/CFS Awareness Day) liegt nur wenige Tage zurück, es ist jährlich der 12. Mai. Er steht für Sichtbarkeit, für wissenschaftliche Aufklärung und für ein Verständnis einer Krankheit, die weltweit Millionen betrifft und doch oft nicht verstanden wird.
Ich schreibe diesen Beitrag aus der Perspektive einer betroffenen Person.
Einer, die sich fragt, wie es so weit kommen konnte.
Was im eigenen Körper aus dem Gleichgewicht geraten ist.
Ob man etwas falsch gemacht hat.
Ob man etwas tun kann.
Und was das alles mit Genetik, Infekten, Impfungen und dem eigenen Lebensstil zu tun haben könnte.
Was ist ME/CFS wirklich
Myalgische Enzephalomyelitis (ME) bzw. das Chronische Fatigue-Syndrom (CFS) ist weit mehr als Müdigkeit. Es ist ein komplexes neurologisch-immunologisches Krankheitsbild mit massiven Auswirkungen auf den gesamten Organismus. Besonders charakteristisch ist die sogenannte Belastungsintoleranz, also eine Verschlechterung aller Symptome nach geringster Anstrengung. Hinzu kommen neurokognitive Störungen, vegetative Dysregulationen, Schlafstörungen, Schmerzzustände und oft eine gestörte Reizverarbeitung.
Wie konnte es so weit kommen
Viele Betroffene berichten von einem Auslöser, meist ein viraler Infekt wie das Epstein-Barr-Virus oder eine Influenza. Auch SARS-CoV-2 (Corona/Covid) steht inzwischen in engem Zusammenhang mit ME/CFS-Entwicklungen. Es war aber oft nicht nur ein Virus. Es war eine lange Phase der Überforderung, beruflicher oder emotionaler Stress, ein Trauma, eine Operation, eine Impfung oder eine Kombination aus allem. Einfach gesagt, eine Aufstauung mit anschliessender Kapitulation!
Der Körper war am Limit, und das Immunsystem hat darauf reagiert, vielleicht überreagiert.
Was im Körper passiert
Bei ME/CFS sind viele Systeme gleichzeitig betroffen. Das Immunsystem zeigt Anzeichen chronischer Aktivierung. Die Energieproduktion in den Mitochondrien ist eingeschränkt. Die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse zeigt sich erschöpft oder fehlreguliert. Neuroinflammation führt zu Konzentrationsproblemen und Reizempfindlichkeit. Dazu kommen autonome Störungen wie Herzfrequenzvariabilität oder Temperaturregulationsprobleme. Oft ist auch der Darm beteiligt, ebenso wie der Schlaf-Wach-Rhythmus.
Welche Rolle die Genetik spielt
Hier möchte ich etwas ausführlicher werden, denn ich denke, die möglichen Zusammenhänge verdienen eine innigere Beleuchtung um sie zuordnen zu können.
Einige genetische Polymorphismen können die Anfälligkeit für ME/CFS begünstigen, dennoch finden sie bei medizinischen Diagnoseverfahren selten auch den Weg einer Bestätigung durch Testung. Besonders der Catechol-O-MethylTransferase (COMT-Polymorphismus Val158Met) führt zu einer verlangsamten Verarbeitung von Stresshormonen und Dopamin. Auch MethylTetraHydroFolatReduktase (MTHFR-Mutationen) können die Methylierung und damit Entgiftungskapazität beeinträchtigen. Diese genetischen Variationen sind nicht krankmachend an sich, können aber die Schwelle zur Erkrankung senken, wenn zusätzliche Belastungen wie Infekte oder Umwelttoxine hinzukommen.
Stress-Intoleranz und HPA-Achsen-Dysfunktion
Menschen mit langsamer COMT-Aktivität bauen Stresshormone (Neurotransmitter) wie Noradrenalin und Adrenalin nur langsam ab. Das führt zu einer anhaltenden Überreizung des Systems, was die Hypothalamus-Hypophysen-Nebennieren-Achse erschöpfen kann. Ein zentrales Element in der Pathophysiologie von ME/CFS. Die Folge können Symptome wie Fatigue (allgemeine Schwäche oder nach minimalen Anstrengungen), Schlafstörungen, Reizempfindlichkeit und Brain Fog (Gehirnnebel) sein.
Neurotransmitter-Ungleichgewicht
COMT beeinflusst maßgeblich den Dopaminspiegel im präfrontalen Kortex. Ein Ungleichgewicht in diesem Bereich ist mit Antriebslosigkeit, Aufmerksamkeitsstörungen und kognitiver Erschöpfung assoziiert. Auch eine Fehlverarbeitung von Noradrenalin kann Symptome wie innere Unruhe oder Kreislaufprobleme (z. B. POTS) verstärken.
Östrogenstoffwechsel
COMT ist außerdem für den Abbau von Östrogen verantwortlich. Eine verlangsamte Östrogenentgiftung kann hormonelle Dysbalancen verschärfen, insbesondere bei Frauen mit ME/CFS. Erhöhte Mengen an zirkulierenden Östrogenmetaboliten können immunologisch und neurotoxisch wirken.
Entgiftungsstörung und Methylierung
COMT ist ein methylierungsabhängiges Enzym und benötigt SAMe (S-Adenosylmethionin) als Cofaktor. Bei gleichzeitigen Methylierungsstörungen, etwa durch MTHFR-Polymorphismen, kann die Entgiftungsleistung des Körpers beeinträchtigt sein. Das betrifft nicht nur die Verarbeitung von Hormonen, sondern auch die Regulation von Neurotransmittern und die Reparatur von DNA. Besonders der COMT-Polymorphismus Val158Met führt zu einer verlangsamten Verarbeitung von Stresshormonen und Dopamin. Viele ME/CFS-Betroffene weisen Hinweise auf eine gestörte Methylierung auf.
Was mRNA-Impfstoffe damit zu tun haben könnten
Die Forschung rund um mRNA-Impfstoffe ist noch nicht abgeschlossen. Einige wissenschaftliche Gruppen untersuchen die Hypothese, dass in Fällen durch das Spike-Protein oder Lipidnanopartikel eine anhaltende Immunaktivierung oder Autoimmunität ausgelöst werden könnte. Zusätzlich gibt es Hinweise, dass bestimmte Chargen Verunreinigungen wie bakterielle Plasmid-DNA enthielten. Diese könnten bei genetisch empfänglichen Personen eine immunologische Fehlantwort begünstigen. Aktuell sind das Hypothesen, die sich in der wissenschaftlichen Diskussion befinden, aber ernst genommen werden sollten.
Welche Werte wirklich wichtig sind
Viele Betroffene berichten, dass ihre Routine-Blutuntersuchungen nichts Auffälliges zeigten. Doch genau darin liegt das Problem. Wichtige Parameter, die für ME/CFS relevant sind, werden kaum erhoben. Dazu zählen unter anderem Entzündungsmarker wie IL-6 oder TNF-alpha, Immunparameter wie IgG-Subklassen, Viruslasten, Cortisol-Tagesprofile, Vitamin B12 (als Holotranscobalamin), Zink, Selen, Kupfer, Mitochondrienmarker wie Q10 und Carnitin, aber auch spezifische genetische Polymorphismen.
Welche Blut- und Hormonwerte auf ein Ungleichgewicht hinweisen können
Um den Verdacht auf ein systemisches Ungleichgewicht zu objektivieren, lohnt sich ein Blick auf folgende signifikante Laborwerte. Diese geben Hinweise auf stille Entzündungen, hormonelle Fehlregulation, Mangelzustände und immunologische Besonderheiten:
Cortisol im Tagesprofil liefert Informationen über die Stressregulation über die HPA-Achse. Ein zu niedriger oder flacher Tagesverlauf spricht für Nebennierenschwäche.
DHEA (Dehydroepiandrosteron) und ACTH (Adrenocorticotropes Hormon) zeigen die Kapazität der Nebennierenfunktion und deren Steuerung durch die Hypophyse.
Progesteron, Östradiol und Testosteron sollten alters- und zyklusgerecht im Verhältnis zueinander interpretiert werden, da ein Ungleichgewicht insbesondere bei Frauen die Beschwerden verstärken kann.
Vitamin B12 im aktiven Wert (Holotranscobalamin), Vitamin B6, B2 und B9 (Folsäure) sind essenziell für Methylierungs- und Entgiftungsvorgänge.
Zink, Selen, Magnesium und Kupfer im korrekten Verhältnis aus dem Vollblut und Serum geben Aufschluss über antioxidative Kapazität und Enzymaktivität. Ein erhöhter Kupfer-Zink-Quotient kann auf oxidativen Stress hinweisen.
Ferritin im niedrigen bis mittleren Bereich bei gleichzeitig normalem oder niedrigem Hämoglobin kann eine funktionelle Eisenmangelproblematik anzeigen, die sich auf die mitochondriale Funktion auswirkt.
CRP (hochsensitiv), Calprotectin und TNF-alpha sind Marker für stille oder systemische Entzündungsprozesse.
LDH, CK, Carnitin und Coenzym Q10 als indirekte Mitochondrienmarker geben Hinweise auf die zelluläre Energieverfügbarkeit.
IgG-Subklassen, IgA, IgM sowie Antikörper gegen EBV (Ebstein-Barr-Virus), HHV-6 oder CMV (Cytomegalie-Virus) können ein immunologisches Muster oder eine chronische Viruslast erkennen lassen.
Diese Laborparameter sollten zusätzlich zu einem Differenzialblutbild ("Großes Blutbild") regelmäßig kontrolliert und in ihrem Zusammenspiel interpretiert werden. Denn nicht der Einzelwert, sondern das funktionelle Gesamtbild ist entscheidend für eine zielführende Regulation.
Was man selbst tun kann
Auch wenn keine Heilung in Sicht ist, gibt es dennoch wirksame Strategien. Energiemanagement, auch Pacing genannt, ist das A und O. Nährstofftherapie kann helfen, die zelluläre Energieproduktion zu unterstützen. Antientzündliche Ernährung, schrittweiser Reizrückzug, geregelte Tagesabläufe und eine aufmerksame Selbstbeobachtung können den Alltag stabilisieren. Manche profitieren auch von niedrig dosierten Immunmodulatoren, antiviralen Therapien oder adaptogenen Pflanzenstoffen.
Wie man mit den Symptomen leben kann
ME/CFS verlangt Geduld, Selbstführung, Gesundheitsstrategie und soziale Abgrenzung. Die eigene Tagesform kann sich stündlich ändern. Ein vermeintlich guter Tag darf nicht zur Überforderung führen. Kleine Erfolge, Rituale, Entlastung von Reizen und ein fein abgestimmter Umgang mit der eigenen Kraft sind essenziell. Ebenso wichtig ist es, sich vor Schuldgefühlen zu schützen. Niemand hat diese Erkrankung verdient oder herbeigeführt. Doch jeder kann lernen, damit besser umzugehen.
Und was jetzt
Ich möchte allen Betroffenen sagen: Es gibt Hoffnung!
Die Forschung schreitet voran, die öffentliche Wahrnehmung nimmt zu, und auch therapeutisch entstehen neue Ansätze. Als Nährstoffberater und HormonCoach sehe ich meine Aufgabe darin, Menschen wie Sie nicht nur aufzuklären, sondern zu stabilisieren. Ich helfe Ihnen gern dabei, Ihre individuellen Schwächen zu verstehen, Laborparameter zu deuten, passende Mikronährstoffe zu finden und hormonelle Ungleichgewichte zu regulieren. Vor allem aber möchte ich Sie motivieren, Ihre Lebensqualität Schritt für Schritt zurückzugewinnen und wieder Vertrauen in Ihren Körper aufzubauen.
Ausblick auf kommende Themen
Speziell meine Leserinnen stellen sich zurecht die Frage, ob Erkrankungen wie Endometriose, Lipödem, Hashimoto oder PMS/PCOS in einem direkten Zusammenhang mit ME/CFS stehen könnten. Diese Krankheitsbilder teilen gemeinsame Merkmale wie hormonelle Dysregulation, chronische Entzündung, Immunveränderungen und mitochondriale Erschöpfung.
In künftigen Blogbeiträgen werde ich diesen potenziellen Korrelationen und möglichen Ursachen intensiv nachgehen. Ziel ist es, auch hier ein tieferes Verständnis zu schaffen, strukturelle Zusammenhänge aufzudecken und sinnvolle therapeutische Wege aufzuzeigen.
Bleiben Sie informiert und fühlen Sie sich (von mir) gesehen.
Quellen:
Charité Fatigue Centrum Berlin: www.cfc.charite.de
Deutsche Gesellschaft für ME/CFS: www.mecfs.de
Kompendium ME/CFS – Wissensstand 2023, Herausgeber: Lost Voices Stiftung
Buch "Chronisches Erschöpfungssyndrom" von Dr. Sarah Myhill
Internationale Konsenskriterien für ME (2011)
Cort Johnson: Health Rising (www.healthrising.org)
"The biological challenge of ME/CFS" – Nature Reviews, 2021
Mikulska M et al., "Immune dysregulation in post-viral fatigue" - Frontiers in Immunology, 2022
Klinghardt D, "Methylierung und chronische Erschöpfung" - Vortragsreihe 2020
Bundesverband Chronisches Erschöpfungssyndrom e.V. (BCFES), www.bcfs.de

Kommentare