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Rohverzehr: Natürlich gesund oder gefährlich naiv?

„Roh ist besser“ – wirklich?

Kein Säugetier auf dieser Welt konsumiert nach dem Abstillen noch Milch. Und trotzdem: Wir Menschen haben nicht nur die Kuh domestiziert, sondern uns über Jahrhunderte an den Konsum von Milchprodukten angepasst. Rohmilch, rohe Eier, Rohhonig oder sogar Rohleber – diese „natürliche“ Form der Ernährung erlebt gerade einen Hype. Befürworter behaupten, dass wir durch das Garen oder Verarbeiten von Lebensmitteln essentielle Nährstoffe zerstören würden und Rohkost die ultimative Antwort auf Gesundheit und Vitalität sei.

Aber: Ist Rohkost wirklich so natürlich? Und was bedeutet „natürlich“ überhaupt in einer Welt, in der moderne Hygiene- und Verarbeitungsstandards unser Leben und unsere Gesundheit revolutioniert haben?

Verstehen Sie mich korrekt, auch ich liebe einen guten Bio-Käse, um meine Gerichte zu verfeinern. Aber mein Verzehr ist bewusst, durchdacht und in einen sinnvollen Ernährungsplan integriert – so wie mit allen Lebensmitteln. Ich habe keine Probleme mit der Verwertung meiner Lebensmittel und es kommt auch mal Pizza, Burger oder Tacos darin vor. Genau das ist der Punkt: Ernährung sollte nicht blind einem Trend folgen, sondern individuell, sicher und sinnvoll gestaltet werden. So gehe ich bei meinen Klienten und speziell bei meinen Klientinnen vor, denn Frauen sind nochmals sensibler, was die Nahrungsauswahl betrifft.

Kommen wir zum Schwerpunkt des Blogs, ich stelle Ihnen nun einige Nahrungsmittel vor, die derzeit im Rohkonsum trenden.


Rohmilch: Ein Risiko, das man nicht ignorieren kann

Die Befürworter von Rohmilch argumentieren, dass sie lebendige Enzyme, gute Bakterien und mehr Nährstoffe liefert als pasteurisierte Milch. Doch die Wissenschaft zeigt ein anderes Bild!


Keine Vorteile durch Rohmilch

Enzyme werden in unserem Verdauungstrakt ohnehin abgebaut und haben keinen messbaren gesundheitlichen Nutzen.


Hohe Infektionsrisiken

E. coli, Listeria monocytogenes und Salmonella sind typische Krankheitserreger in Rohmilch. In Entwicklungsländern, wo Rohmilch oft der einzige Zugang zu Milchprodukten ist, sind Infektionen durch Brucella und bovine Tuberkulose weit verbreitet.


Tradition und Realität

In einigen Kulturen ist der Konsum von Rohmilch alltäglich – mit gravierenden Folgen. Studien belegen, dass diese Bevölkerungsgruppen überdurchschnittlich häufig an Infektionen und chronischen Krankheiten leiden, die direkt auf den Konsum von Rohmilch zurückzuführen sind.


➡ Fazit:

Wenn Milch, dann pasteurisierte Milch. Sie ist nicht nur sicherer, sondern erhält auch fast alle Nährstoffe. Der minimale Verlust wiegt die gesundheitlichen Vorteile bei weitem auf.


Milchprodukte und die Calcium-Minusrechnung

Bleiben wir gleich bei der Milch. Neben den Risiken von Rohmilch gibt es einen weiteren Aspekt, der häufig übersehen wird: das ungünstige Verhältnis von Phosphor zu Calcium. Milchprodukte, insbesondere Quark, können aufgrund ihres hohen Phosphorgehalts mehr Schaden als Nutzen für den Calciumhaushalt anrichten.


Warum Phosphor ein Problem darstellt?

Phosphor ist ein essenzieller Mineralstoff, der jedoch in einem ausgeglichenen Verhältnis zu Calcium im Körper vorliegen muss. Dieses Verhältnis sollte idealerweise 1:1 betragen. Milch und Milchprodukte – oft als hervorragende Calciumlieferanten beworben – enthalten jedoch häufig mehr Phosphor als Calcium.


Überschuss an Phosphor

Der hohe Phosphorgehalt bindet Calcium im Körper und zwingt den Organismus, körpereigenes Calcium (z. B. aus den Knochen) zu mobilisieren, um das Phosphor-Calcium-Verhältnis im Blut auszugleichen.


Quark als extremes Beispiel

Während Milch ein moderates Phosphor-zu-Calcium-Verhältnis aufweist (ca. 1,2:1), ist das Verhältnis bei Quark deutlich schlechter. Hier überwiegt der Phosphorgehalt so stark, dass der Verzehr häufig zu einer negativen Calcium-Bilanz führt.


Wissenschaftliche Belege

Calvo und Uribarri (2013)

Eine hohe Phosphorzufuhr, wie sie durch Milchprodukte und verarbeitete Lebensmittel häufig erfolgt, beeinträchtigt die Calciumverwertung und kann langfristig die Knochengesundheit gefährden.


Deutscher Ernährungsbericht (2016)

Der Bericht zeigt, dass eine erhöhte Phosphorzufuhr die Gefahr eines Calciumdefizits erhöht, insbesondere wenn Milchprodukte in großen Mengen konsumiert werden.


Was bedeutet das für den Alltag?

Milchprodukte sind keinesfalls schlecht – sie sollten jedoch mit Bedacht konsumiert werden.


Bewusste Auswahl

Bevorzugen Sie Milchprodukte mit einem ausgewogenen Calcium-Phosphor-Verhältnis.


Ausgleich durch andere Lebensmittel

Gemüse wie Brokkoli, Grünkohl oder Mandeln liefern Calcium ohne einen hohen Phosphorgehalt und sind daher ideal, um die Bilanz auszugleichen.


➡ Fazit: Milchprodukte sind keine perfekten Calciumlieferanten. Ihr hoher Phosphorgehalt kann den Körper belasten und sogar die Knochengesundheit beeinträchtigen.


Eier: Weder roh noch hart gekocht optimal

Eigelb wird oft roh konsumiert, da es reich an fettlöslichen Vitaminen und Cholin ist. Doch auch hier gibt es entscheidende Risiken:


Rohes Eigelb

Salmonellengefahr und eingeschränkte Nährstoffaufnahme durch den thermischen Effekt*.


Hart gekochtes Eigelb

Oxidierte Fette und Schwefelverbindungen, die entzündungsfördernd wirken können.


➡ Fazit: Leicht erhitztes Eigelb (pochiert oder weich gekocht) ist die ideale Zubereitung, um Keime zu eliminieren und die Nährstoffe bestmöglich zu nutzen.


Rohleber und rohes Fleisch: Mehr Risiko als Nutzen

Rohleber und rohes Fleisch sind in einigen Ernährungsstilen, wie z. B. der „Carnivore Diet“, beliebt. Sie gelten als unverarbeitete Protein- und Vitaminquellen und werden insbesondere wegen ihres hohen Gehalts an Vitamin A angepriesen. Doch die Risiken, die mit dem Verzehr dieser Lebensmittel einhergehen, werden oft ignoriert.


Wissenschaftlicher Kontext


Gefahr durch Parasiten

Rohleber kann Parasiten wie Toxoplasma gondii enthalten, die besonders für Schwangere und immungeschwächte Personen gefährlich sind.


Bakterielle Belastung

Bakterien wie Campylobacter, Salmonella und Listeria sind häufig in rohem Fleisch und Leber nachweisbar. Sie können schwere Magen-Darm-Infektionen und andere gesundheitliche Komplikationen verursachen.


Vitamin A ohne Risiko

Garen zerstört zwar geringe Mengen von Vitamin A, beeinträchtigt jedoch nicht die Effizienz der Aufnahme.


➡ Fazit: Die gesundheitlichen Risiken von Rohleber und rohem Fleisch überwiegen den minimalen Nährstoffverlust, der durch das Garen entsteht.

Rohhonig: Natürlich, aber nicht harmlos

Rohhonig wird als Superfood gefeiert, weil er unverarbeitet mehr Enzyme und Pollen enthält. Doch gerade diese „Natürlichkeit“ birgt Gefahren:


Clostridium botulinum-Sporen im Rohhonig können bei Kleinkindern und immungeschwächten Personen Botulismus verursachen.

Minimal erhitzter Honig bewahrt seine antimikrobiellen Eigenschaften und ist sicherer.


➡ Fazit: Für gesunde Erwachsene unbedenklich, für gefährdete Gruppen ein vermeidbares Risiko. Wissen Sie ob Sie gefährdet sind?


Rohkakao: Superfood mit Schwermetallrisiken

Rohkakao punktet mit Antioxidantien, Magnesium und Theobromin.


Aber:

Je nach Herkunft kann Rohkakao Schwermetalle wie Cadmium oder Blei enthalten, die langfristig gesundheitsschädlich wirken. Übrigens, kann Cadmium die Mitochondrien zerstören, was sich wiederum in einer Kaskade aus Energiemangel und Antrieslosigkeit widerspiegelt.

Die Ballaststoffe und Fermentationsrückstände im Rohkakao können bei empfindlichen Personen Verdauungsprobleme verursachen.


➡ Fazit: Hochwertiger, getesteter Rohkakao ist in moderaten Mengen unbedenklich, aber keine unverzichtbare Zutat.


Sinnvoll roh: Diese Lebensmittel profitieren wirklich

Nicht alle Lebensmittel müssen gegart werden, um ihre Nährstoffe optimal verfügbar zu machen. Einige Lebensmittel sind roh sogar gesünder:


Obst: Reich an wasserlöslichen Vitaminen wie Vitamin C, die hitzeempfindlich sind.

Gemüse wie Gurken und Karotten: Keine Antinährstoffe und voller Vitamine.

Nüsse und Samen: Enthalten ungesättigte Fettsäuren und Antioxidantien, die durch Hitze beschädigt werden können.

Blattsalate und Kräuter: Sekundäre Pflanzenstoffe bleiben roh optimal erhalten.


➡ Fazit: Diese Lebensmittel können roh genossen werden – vorausgesetzt, sie sind hygienisch einwandfrei und passen in Ihr Nahrungsportfolio.


*Der thermische Effekt: Warum roh oft ineffizient ist

Der thermische Effekt von Lebensmitteln beschreibt die Energie, die der Körper aufwenden muss, um Nahrung zu verdauen, zu absorbieren und zu verstoffwechseln. Diese Energie wird in Wärme umgesetzt, weshalb man auch von der „nahrungsinduzierten Thermogenese“ spricht. Der thermische Effekt zeigt, dass rohes Eigelb nicht nur risikoreich, sondern auch eine ineffiziente Energiequelle ist. Ein leichter Garprozess reduziert den Energieaufwand und verbessert die Bioverfügbarkeit, macht also die Nährstoffe für den Körper effizienter verfügbar.


Bewusster Genuss statt blinder Trendfolge

Der Rohverzehr von Lebensmitteln mag ‚natürlich‘ erscheinen, doch Natur bedeutet nicht automatisch sicher oder besser. Traditionen und Trends verdienen eine kritische Betrachtung – insbesondere, wenn die Wissenschaft deutliche Risiken aufzeigt.

Andererseits kann das Garen die Nährstoffaufnahme sogar verbessern. So werden Lycopin in Tomaten und Beta-Carotin in Karotten durch Erhitzen besser bioverfügbar. Hier zeigt sich: Ausgewogenheit ist der Schlüssel.

Lebensmittel wie Milch, Eier, Fleisch und Honig sollten daher nur in einer sicheren und durchdachten Form konsumiert werden.

Rohkost ist nur dann sinnvoll, wenn der Rohverzehr tatsächlich mehr Vorteile bietet als Risiken birgt.


Noch zwei Punkte:


Hygienestandards

Die moderne Verarbeitung garantiert eine gleichbleibende Qualität und schützt vor lebensmittelbedingten Infektionen, die durch Krankheitserreger wie E. coli, Listeria oder Salmonella verursacht werden. Rohverzehr hingegen birgt ein hohes Risiko für bakterielle und parasitäre Erkrankungen – Risiken, die durch einfaches Garen oder Pasteurisieren eliminiert werden können.


Biochemische Fakten

Viele Substanzen in rohen Lebensmitteln, die als „natürlich“ gelten, können toxisch oder antinutritiv wirken.

Beispiele:

Phytinsäure in Getreide hemmt die Aufnahme von wichtigen Mineralstoffen wie Eisen und Zink. Bei Haferflocken wird diese Säure bereits durch Einweichen reduziert.

Solanin in rohen Kartoffeln ist ein Toxin, das Verdauungsbeschwerden und andere gesundheitliche Probleme verursachen kann.


Meine Empfehlung

Planen Sie Ihren Konsum bewusst in Ihren Ernährungsplan ein – so können Sie sicherstellen, dass Ihre Ernährung nicht nur schmeckt, sondern auch gesund ist.

Ausserdem bin ich als Nährstoffberater & Hormon-Coach überzeugt davon, dass einige Blutparamerter Aufschluss darüber geben können, warum Sie Symptome haben, die nicht definiert zugeordnet aber mit Ihrer Ernährung auch nicht wirklich in Verbindung gebracht werden.

Wenn Sie dazu Hilfe benötigen, bin ich sehr gerne für Sie da und unterstütze Sie auf dem Weg zu einem bewussteren und gesünderen Ich.


Quellenangaben

  1. Mangen, M.-J., et al. (2002). Food Safety in Developing Countries.

  2. WHO (2015). Milk and Dairy Products in Human Nutrition.

  3. CDC (2018). Global Milk Safety Reports.

  4. Oliver, S. P., et al. (2009). Raw Milk Consumption: Risks and Benefits. Clinical Infectious Diseases.

  5. Centers for Disease Control and Prevention (CDC).

  6. Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR). https://www.bfr.bund.de/de/infektionen_vermeiden___was_ist_beim_verzehr_von_rohmilch_zu_beachten_-197200.html?utm_source=chatgpt.com

  7. Calvo, M. S., & Uribarri, J. (2013). Calcium and Phosphorus in Health and Disease. Nutritional Reviews.

  8. Deutsche Gesellschaft für Ernährung (DGE). (2016). Deutscher Ernährungsbericht 2016.

  9. Heaney, R. P. (2009). Effects of Dairy Product on Bone and Skeletal Health. Advances in Nutrition.

  10. https://www.centrosan.com/Aktuelles/CentroSan-Newsletter/Newsletter-Archiv/2016/2016-01/Kalzium-und-Phosphor-sollten-ein-besseres-Verhaeltnis-haben.php

  11. https://legitim.ch/neue-studie-zeigt-dass-viele-kakaoprodukte-mit-schwermetallen-belastet-sind-auch-bio-kakaoprodukte/

ree

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