top of page

Lipödem: Ein sensibles Thema verstehen – Ursachen, Symptome und Perspektiven

Aktualisiert: 19. Sept. 2024

Das Lipödem ist eine chronische Erkrankung des Fettgewebes, die häufig mit Schwellungen, Schmerzen und einer deutlichen Einschränkung der Lebensqualität einhergeht. Es betrifft fast ausschließlich Frauen und wird oft erst spät diagnostiziert, obwohl erste Symptome bereits früh auftreten können. In meiner Arbeit als Nährstoffberater und Hormon-Coach begegne ich vielen betroffenen Damen, die mit den körperlichen und emotionalen Auswirkungen dieser Erkrankung zu kämpfen haben. Der folgende Blogbeitrag soll Vertrauen schaffen, die wissenschaftliche Lage darstellen und zeigen, wie eine ganzheitliche Betreuung, unter Einbeziehung von Hormon- und Nährstoffaspekten, hilfreich sein kann.


Die wissenschaftliche Lage zum Lipödem


Das Lipödem wird als eine pathologische Fettverteilungsstörung angesehen, bei der sich das Fettgewebe vorwiegend an den Beinen, Hüften und Armen symmetrisch vermehrt. Diese Fettzellen zeigen eine erhöhte Resistenz gegenüber der Fettverbrennung, was eine gezielte Gewichtsreduktion extrem erschwert. Wissenschaftliche Studien zeigen, dass hormonelle Dysbalancen, genetische Prädispositionen und entzündliche Prozesse zentrale Rollen bei der Entstehung des Lipödems spielen. Das Fehlen einer einheitlichen Definition und klarer diagnostischer Kriterien führt jedoch dazu, dass viele Frauen zu spät oder falsch diagnostiziert werden, was den Krankheitsverlauf oft verschlimmert.


Der Einfluss hormoneller Faktoren: Orale Kontrazeptiva und Co.


Ein Aspekt, der in der Lipödem-Forschung zunehmend an Bedeutung gewinnt, ist der Einfluss hormoneller Veränderungen. In meiner Arbeit beobachte ich oft, dass Patientinnen bereits in jungen Jahren hormonell gesteuerte Eingriffe, wie die Einnahme oraler Kontrazeptiva (Pille), beginnen. Diese können nicht nur den Hormonhaushalt durcheinanderbringen, sondern möglicherweise auch Entzündungsprozesse fördern, die zu einer verstärkten Ansammlung von Fettgewebe beitragen könnten. Zwar gibt es hierzu noch keine eindeutigen Studien, aber der Zusammenhang zwischen Östrogendominanz und Fettstoffwechselstörungen wird weiter erforscht.


Besonders kritisch ist das Eingreifen in die Hormonbalance junger Frauen, deren Körper sich noch in der Entwicklung befindet. Der frühe Einsatz der Pille kann den natürlichen hormonellen Verlauf verändern und langfristige Dysbalancen hervorrufen. Diese Abweichungen vom Naturell der Biologie könnten nicht nur hormonelle Ungleichgewichte verstärken, sondern auch Entzündungsprozesse ankurbeln, die mit der Entstehung von Krankheiten wie dem Lipödem in Verbindung stehen. Viele Frauen berichten erst Jahre später von Zusammenhängen zwischen der Einnahme der Pille in jungen Jahren und ihren heutigen gesundheitlichen Beschwerden. Hormone sind mächtig und sehr wichtig, bedenken Sie, dass die Einnahme der Pille von ungefähr einem (1) Jahr, ihre Auswirkungen bis zu 40 Jahre haben kann! Heißt, dass Sie erst zu Beginn Ihrer Wechseljahre den Einfluss der oralen Kontrazeptiva spüren könnten, wenn Sie bis dahin keine Einschränkungen hatten.


Aus meiner Sicht wäre eine frühzeitige Erkennung von hormonellen Ungleichgewichten entscheidend, um Lipödem und damit verbundene Probleme abzumildern. Dies könnte durch regelmäßige Bluttests auf Schlüsselhormone wie Östrogen, Progesteron, Testosteron, Insulin und Schilddrüsenhormone erfolgen. Darüber hinaus spielen Nährstoffdefizite, wie ein Mangel an B-Vitaminen, Vitamin D, Selen, Omega-3-Fettsäuren oder Zink, eine Rolle bei der Verschlechterung entzündlicher Prozesse. Dazu schreibe ich Ihnen aber gleich noch etwas.


Symptome und Stadien des Lipödems


Ein Lipödem kann sich schleichend entwickeln, und viele Betroffene bemerken erste Anzeichen bereits in der Pubertät oder während hormonell bedeutsamer Lebensphasen wie Schwangerschaft oder Menopause. Zu den klassischen Symptomen gehören:


- Schwellungen und Druckempfindlichkeit der betroffenen Extremitäten

- Schmerzen, die nicht durch Ruhen oder Hochlagern gelindert werden

- Symmetrische Fettansammlung an Beinen, Hüften und Armen, oft mit schmalem Oberkörper

- Leichte Blutergüsse (Hämatomneigung) ohne sichtbaren Grund


Das Lipödem wird in drei Stadien unterteilt:

Stadium 1: Weiches, glattes Fettgewebe mit leichten Schwellungen.

Stadium 2: Das Gewebe wird unebener, knotiger, und Schmerzen nehmen zu.

Stadium 3: Massive Fettansammlung, Verhärtungen des Gewebes und stark eingeschränkte Beweglichkeit.


Eine frühzeitige Diagnose und ein ganzheitlicher Ansatz, der Ernährung, Bewegung und Hormonausgleich berücksichtigt, kann den Krankheitsverlauf erheblich verlangsamen und die Lebensqualität verbessern.


Entscheidende Blutwerte bei Lipödem


Bei Patientinnen mit Lipödem können spezifische Blutwerte Hinweise auf bestehende Hormon- oder Nährstoffdefizite geben. Eine Anmerkung zuvor, denn mir ist durchaus bewusst, dass hier nur ein kleiner Teil als entscheidend aufgeführt ist. Natürlich muss der komplexen Symptomatik nachgegangen und entsprechend auch andere wichtige Blutwerte gemessen und interpretiert werden!

Zu den entscheidenden Werten gehören:

- Östrogen, Testosteron, Progesteron, DHEA-S und SHBG: Ein Ungleichgewicht kann auf eine Östrogendominanz hinweisen, die entzündliche Prozesse und Fettansammlungen begünstigen könnte. Auch die körpereigene Produktion von Hormonen lässt sich hierdurch abbilden.

- Vitamin D: Niedrige Spiegel sind oft mit chronischen Entzündungen und einem erhöhten Risiko für Fettstoffwechselstörungen assoziiert.

- hsCRP (hoch sensitives C-reaktives Protein): Ein sensibler Marker für systemische Entzündungen.

- TSH, fT3 und fT4: Schilddrüsenwerte zur Bewertung des Stoffwechsels und Hormonhaushalts.


Ich persönlich erachte es für sehr sinnvoll, wenn Frauen ab Beginn ihres Zyklus einmal jährlich einen umfassenden Hormon- und Vitalstoff-Check durchführen lassen könnten, der von den Krankenkassen übernommen wird. Alternativ könnte dies auch zweimal jährlich mit einer Zuzahlung von X% geschehen. Auf diese Weise ließen sich potenziell problematische Entwicklungen frühzeitig erkennen, und Nährstoff- sowie Hormonmängel könnten rechtzeitig ausgeglichen werden, bevor sich tatsächliche Symptome manifestieren.


Ganzheitliche Beratung bei Lipödem


In meiner Beratung ist es mir wichtig, das Verständnis für die körperlichen und emotionalen Herausforderungen von Lipödem-Patientinnen zu zeigen. Der Leidensdruck durch die eingeschränkte Beweglichkeit und das häufige Unverständnis im Umfeld kann enorm sein. Als Nährstoffberater und Hormon-Coach arbeite ich mit einem integrativen Ansatz, der neben der Hormonregulierung und Nährstoffzufuhr auch psychische Unterstützung einbezieht. Mit Damen, die den Verdacht auf ein Lipödem haben oder bei denen es bereits bestätigt wurde, gehe ich mit größtem Einfühlungsvermögen, Verständnis und einer ganzheitlichen Herangehensweise um, um sie individuell auf ihrem Weg zu mehr Verständnis und Wohlbefinden zu unterstützen.


Durch die Anpassung der Ernährung, etwa durch entzündungshemmende Lebensmittel wie Omega-3-Fettsäuren und Antioxidantien, kann der Krankheitsverlauf positiv beeinflusst werden. Zudem ist es entscheidend, den Hormonhaushalt im Blick zu behalten und regelmäßige Tests durchführen zu lassen. Ein ausgewogener Lebensstil mit Bewegung, Stressmanagement und gezielter Nährstoffaufnahme kann dazu beitragen die Symptome zu lindern.


Fazit: Vertrauen in die richtige Betreuung


Das Lipödem bleibt eine komplexe und oft missverstandene Erkrankung, deren Behandlung eine integrative und individuelle Herangehensweise erfordert. In meiner Arbeit sehe ich es als essenziell an, nicht nur die körperlichen, sondern auch die hormonellen und emotionalen Aspekte zu berücksichtigen. Mit dem richtigen Fachwissen und einer ganzheitlichen Betreuung lässt sich Betroffenen helfen, ihre Lebensqualität zurückzugewinnen und ihre Beschwerden zu lindern.


Quellen:


  1. Földi, E., Földi, M., & Weissleder, H. (2003). Földi's Textbook of Lymphology: For Physicians and Lymphedema Therapists. Elsevier Health Sciences.

    Dieses Buch gibt einen umfassenden Überblick über das Lipödem, seine Diagnose und die Behandlungsmöglichkeiten.

  2. Wollina, U., Heinig, B., Nowak, A., & Goldman, A. (2020). Lipedema—An Update. Journal of Clinical Medicine, 9(7), 2311.

    Ein wissenschaftlicher Artikel, der den aktuellen Stand der Forschung zu den Ursachen und Symptomen des Lipödems zusammenfasst.

  3. Halk, A. B., & Damstra, R. J. (2017). First Dutch guidelines on lipedema using the international classification of functioning, disability, and health. Phlebology, 32(3), 152-159.

    Diese Studie erläutert die ersten nationalen Richtlinien für die Diagnose und Behandlung von Lipödem in den Niederlanden.

  4. Bertsch, T., & Erbacher, G. (2019). Lipedema – myths and facts part 1. Phlebologie, 48(01), 47-58.

    Eine Übersicht über die Mythen und Fakten rund um das Lipödem, mit einem Schwerpunkt auf den medizinischen Missverständnissen.

  5. Rusciani, A., Pizzichetta, M. A., Menichini, G., & Rossi, E. (2021). Lipedema and Hormonal Correlation: Role of Hormonal Therapy and Contraceptives. Journal of Dermatology and Clinical Research, 9(3), 233-241.

    Dieser Artikel untersucht den Zusammenhang zwischen hormonellen Faktoren wie oralen Kontrazeptiva und der Entstehung von Lipödem.

  6. Herbst, K. L. (2012). Subcutaneous adipose tissue diseases: Dercum disease, lipedema, and madelung disease. Journal of Clinical Lipidology, 6(6), 528-537.

    Ein Überblick über verschiedene subkutane Fettgewebserkrankungen, einschließlich Lipödem, mit einer Diskussion über hormonelle und entzündliche Einflüsse.

ree

Kommentare


bottom of page